Die Kunst der Wurst: Ein kulinarisches Portrait
Mit rund 1.500 verschiedenen Sorten ist die deutsche Wurstvielfalt im wahrsten Sinne des Wortes weltmeisterlich. Grund genug, hier in loser Folge einige Klassiker und weniger bekannte Meisterwerke des Wursthandwerks vorzustellen:
Wer hat es erfunden?
Die Wiener Würstchen gehen auf den Frankfurter Metzger Johann Georg Lahner zurück. Er soll sie am 15. Mai 1805 erstmals in seiner Wiener Fleischerei in der heutigen Neustiftgasse 111 angeboten haben.
Was gehört hinein?
Traditionell werden Wiener Würstchen aus etwa siebzig bis achtzig Prozent fein zerkleinertem Schweinefleisch und Speck und etwa zwanzig bis dreißig Prozent Rindfleisch hergestellt. Weitere wichtige Zutaten sind Eis, Wasser, Salz und Gewürze wie Pfeffer, Paprika, Koriander und Muskatblüte. Die Zusammensetzung der Gewürze variiert von Hersteller zu Hersteller und ist oft ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis.
Wie wird es „verpackt“?
Er ist legendär – der „Knack-Effekt“ beim Hineinbeißen in ein Wienerle. Diesen verdankt das Wienerle dem zarten Schafsdarm, dem Saitling. Naturdärme sind die traditionelle Hülle für hochwertige Wurstwaren. Sie lassen die Wurst atmen, so dass sich das feine Eigenaroma optimal entfalten kann.
Wie wird sie hergestellt?
Wiener Würstchen gehören zu den Brühwürsten. Das Brät wird in Saitlinge gefüllt und meist paarweise zu Würsten abgedreht. Diese werden über Buchenholzspänen geräuchert und anschließend bei einer Temperatur von ca. 75 bis 80 Grad gebrüht. Um die Haltbarkeit zu erhöhen, folgt zum Schluss ein kaltes Wasserbad.
Woran erkenne ich gute Qualität?
Ein Wiener Würstchen ist fünfzehn bis zwanzig Zentimeter lang, hat einen Durchmesser von etwa zwei bis drei Zentimetern und wiegt etwa fünfzig bis siebzig Gramm. Das Brät ist sehr fein und hat die typische rosa Farbe.
Wie schmeckt sie am besten?
Wiener Würstchen schmecken sowohl kalt als auch warm. Zum Erwärmen Wasser aufkochen, dann vom Herd nehmen und die Würstchen etwa zehn Minuten darin ziehen lassen. Tipp: In der schwäbischen Küche heißen die Wienerle nach ihrer Hülle „Saiten“ und sind unverzichtbarer Bestandteil des Nationalgerichts „Linsen mit Spätzle und Saiten“.
Fun Fact:
Saisonaler Höhepunkt für den Verkauf von Wiener Würstchen sind die Tage vor Heiligabend. Bei jedem dritten Deutschen stehen dann „Würstchen mit Kartoffelsalat“ auf dem Speiseplan.
Wer hat sie erfunden?
Die Gelbwurst hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert in Bayern und wurde erstmals 1905 im Standardwerk „Anfertigung zarter Fleisch- und Wurstwaren“ beschrieben. Bis heute ist die Gelbwurst in Bayern und Baden-Württemberg fester Bestandteil der regionalen Küche und wird häufig zum Frühstück und Abendessen gegessen. Aber auch in anderen Bundesländern gewinnt sie im Zuge der Wiederentdeckung traditioneller regionaler Wurstsorten an Bedeutung.
Was gehört in die Wurst?
Gelbwurst wird aus Schweinefleisch, Speck und magerem Kalb- oder Jungrindfleisch hergestellt. Hinzu kommen Kochsalz, Eisschnee und Zitrone. Eine wichtige Komponente ist zudem die Gewürzmischung, die oft ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis ist. Pfeffer, Ingwer, Kardamom und Macis sind in der Regel für den feinen Geschmack der Gelbwurst verantwortlich. Vor allem in Bayern gehört auch Petersilie dazu, die dem Brät die typischen grünen Einsprengsel verleiht.
Wie wird sie „verpackt“?
Wird Gelbwurst nach alter handwerklicher Tradition hergestellt, kommt sie in Naturdärme vom Schwein. Ursprünglich wurden diese mit Safran gelb gefärbt, heute verwendet man meist Kurkuma oder andere natürliche Farbstoffe. Der Naturdarm nimmt die Farbe besonders gut an und verleiht der Gelbwurst ein appetitliches, mattes Aussehen. Außerdem lässt die Edelhülle die Wurst „atmen“ und bringt so das feine Aroma optimal zur Geltung.
Wie wird sie hergestellt?
Die Gelbwurst gehört zu den Brühwürsten. Zuerst wird das fettarme Fleisch mit Kochsalz mehrmals langsam gekuttert, dann kommen bei höherer Geschwindigkeit nacheinander der Eisschnee und die Gewürze hinzu. Danach füllt man das Brät sofort in Naturdärme und gart die Würste etwa eine Stunde lang bei ca. 75 Grad Celsius.
Woran erkenne ich gute Qualität?
Eine handwerklich hergestellte Gelbwurst überzeugt durch ihren zarten Biss und ihr feines Aroma. Typisch ist die helle, weiße Farbe. Gelbwurst wird üblicherweise klassisch im Ring oder in Därme mit einem Kaliber von bis zu sechzig Millimetern und einem Gewicht von etwa einem Kilogramm abgefüllt.
Wie schmeckt sie am besten?
Gelbwurst eignet sich hervorragend als Belag für Brot oder Semmeln bzw. Brötchen. Sehr gut macht sich die Wurstsorte auch als Zutat in einem frischen Wurstsalat, beispielsweise kombiniert mit Radieschen, Zwiebeln und Äpfeln in einem frischen Senf-Dressing. Gelbwurst-Fans genießen ihre Lieblingswurst aber gern auch ganz pur „auf die Faust“.
Fun Fact:
Die Gelbwurst hat sogar das Zeug zum Filmstar: In einer populären Krimiserie aus München ist sie die Leibspeise des ermittelnden Kommissars und spielt damit in jeder Folge eine kleine, aber wichtige Rolle.
Wer hat sie erfunden?
Die Rotwurst, auch Blutwurst genannt, gilt als die älteste Wurstsorte der Welt. Bereits in der griechischen Sagenwelt und im Römischen Reich spielte sie eine Rolle. Im Mittelalter entstanden zahlreiche Rezepturen. Schon damals schätzte man fast alle Teile des Schlachttieres als wertvoll und verarbeitete sie zu Lebensmitteln. Mit dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist das sogenannte „Nose-to-tail-Prinzip“ heute aktueller denn je und die Rotwurst erlebt eine wahre Renaissance.
Was gehört in die Wurst?
Neben der namensgebenden Grundzutat enthält die Rot- oder Blutwurst Speck, Schweinebacken und -masken, Zwiebeln und verschiedene Gewürze wie Majoran, Piment und Nelken. Die Zutaten werden geschnitten, gewürzt und in Därme gefüllt. Anschließend werden sie bei Temperaturen zwischen 75 und 80 Grad Celsius gebrüht bzw. gekocht und kalt oder heiß geräuchert. Die Wurst ist übrigens ein hochwertiger Eisenlieferant und enthält außerdem Vitamin B12 und die Mineralstoffe Kalzium und Magnesium.
Wie wird sie „verpackt“?
Traditionell werden Rotwürste in Naturdarm, der ältesten Lebensmittelverpackung der Welt, abgefüllt. Besonders gut zur Geltung kommt die Blutwurst zum Beispiel in Krausen (s. Abbildung), Mägen, Fettenden oder Schweinekappen.
Wie erkennt man gute Qualität?
Eine gute Rotwurst besticht durch ein schönes klares Schnittbild und einen seidigen Glanz beim Aufschneiden.
Wie schmeckt sie am besten?
Rot- oder Blutwurst ist in vielen Ländern eine Spezialität. Die Spanier lieben ihre „Morcilla“ süß mit Honig und Mandeln, auf den britischen Inseln ist „Black Pudding“ mit Hafer eine beliebte Variante. Allein in Deutschland gibt es zahlreiche regionale Varianten: Mit Leberwurst auf deftigen Schlachtplatten, erwärmt und mit Zwiebelringen als „Kölscher Kaviar“ oder als „Himmel und Erde“ mit Äpfeln und Kartoffelpüree.
Fun Fact:
Mortagne-au-Perche in der französischen Normandie ist die Hauptstadt der „Boudin Noir” – der Blutwurst. Hier veranstaltet die „Confrérie des Chevaliers de la Boudin Noir“ jedes Jahr einen legendären Wettbewerb, bei dem über 500 Blutwürste aus Europa und Übersee verkostet und bewertet werden. Eine große Ehre für eine Spezialität, die bei Genießern aus aller Welt hoch im Kurs steht.
Wer hat sie erfunden?
Die Leberwurst hat eine lange Tradition, sie wurde bereits im Mittelalter erwähnt. Ursprünglich diente sie als Möglichkeit, sämtliche Teile des Schweins zu verwerten, was dem heutigen „Nose-to-tail“-Prinzip entspricht. Im Laufe der Zeit entwickelte das Fleischerhandwerk zahlreiche, auch regionale, Varianten.
Was gehört in die Wurst?
Der Anteil an Schweineleber liegt je nach Rezeptur zwischen zwanzig und vierzig Prozent. Hinzu kommen Schweinefleisch, Speck, Zwiebeln und Gewürze wie Pfeffer, Muskat, Piment und Majoran. Die genaue Rezeptur ist ein wohlgehütetes Geheimnis der Metzger und wird oft von Generation zu Generation weitergegeben.
Wie wird sie „verpackt“?
Als Stolz des Metzgers verdient die Leberwurst die beste Hülle, und das ist der traditionell der Naturdarm. Die natürliche Hülle lässt das Wurstbrät „atmen“ und das feine Aroma gut zur Geltung kommen. Großkalibrige Sorten lassen sich zum Beispiel attraktiv in einer Schweinebutte oder einem Rinderkranzdarm inszenieren. Die naturgegebenen Dellen und Beulen der Wursthülle unterstreichen das handwerkliche Aussehen und sind ein echter Blickfang in jeder Bedientheke.
Wie wird sie hergestellt?
Die Zutaten werden fein zerkleinert und mit den Gewürzen vermengt. Nach dem Abfüllen in den Naturdarm gart die Wurst bei niedrigen Temperaturen, damit die zarte Konsistenz erhalten bleibt. In manchen Regionen wird die Leberwurst auch geräuchert oder gepökelt, damit sie ein besonderes Aroma erhält.
Woran erkenne ich gute Qualität?
Ob die Kunden lieber feine oder grobe Leberwurst mögen, ist allein eine Geschmacksfrage. Eine feine Leberwurst ist zart und streichfähig, und auch bei den groben Varianten ist die homogene Konsistenz beim Aufstreichen ein Qualitätsmerkmal. Wichtig sind auch ein appetitlicher Glanz und ein harmonischen Zusammenspiel der Gewürze.
Wie schmeckt sie am besten?
Am beliebtesten ist Leberwurst ganz klassisch als Brotaufstrich, besonders auf kräftigem Bauernbrot oder auf frischen Brötchen. Sie eignet sich aber auch als Zutat für rustikale Gerichte wie Leberknödelsuppe oder als Bestandteil herzhafter Schlachtplatten mit Blutwurst und Sauerkraut.
Fun Fact:
Den Bewohnern der Ortschaft Sitzendorf im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen liegt die Leberwurst-Tradition besonders am Herzen – sie organisieren regelmäßig einen „Lawerworschkongress“, bei dem sie unter anderem den „Leberwurstkönig“ küren.